Neue Stellungnahme: Werden wir wieder übersehen?

Lange Zeit haben wir Beschäftigten in unseren Werkstätten gehofft,
dass es zu einer Reform, also einer Veränderung,
in unseren Werkstätten kommt.

Es gab eine Studie, das heißt, einen Bericht,
in dem Forschende sich mit unserer Lage beschäftigt haben.

Das hat viele Jahre gedauert und jetzt ist er fertig.

Wir Werkstatträte wurden als letztes von der Politik informiert
und jetzt sieht es so aus,
als ob unser Entgelt kein Thema mehr ist.

Das heißt, dass die Veränderungen,
die in der Zukunft kommen,
für uns Beschäftigte nicht mehr Geld bringen.

Wir haben die Angst,
dass viele von uns in der Zukunft weiter unser Geld vom Amt bekommen.
Wir haben auch die Angst,
dass es keine Verbesserung für uns behinderte Menschen in Deutschland gibt.

Wir, als LAG Werkstatträte NRW, haben darum eine Stellungnahme an die Politik geschrieben,
in dem wir deutlich machen,
dass unsere Not wieder nicht erkannt wird.

Diese Stellungnahme von uns an die Politik findet ihr zum Herunterladen hier:

Stellungnahme der LAG Werkstatträte NRW zur Entgelt-Studie 10_10_2023 abgestimmt

Wir Werkstatträte sind sehr enttäuscht darüber, wieder nicht gesehen zu werden,
was wir leider immer wieder aufs Neue erleben.

Wir als LAG Werkstatträte NRW geben aber nicht auf und kämpfen weiter.

 

Bericht von der SPD-Werkstatträte-Konferenz am 18. September 2023

Wir müssen Inklusion wagen.

Wir brauchen ein faires Entgelt in den Werkstätten.

Am 18. September 2023 war es mal wieder so weit. Die 16. SPD-Werkstatträte-Konferenz fand statt.
Wichtige Themen und Diskussionen wurden von der SPD-Fraktion mit uns Werkstatträten und Frauenbeauftragten besprochen.
Das Hauptthema war in diesem Jahr selbstverständlich die Zukunft der Werkstätten,
der Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt und unsere miserable Entgeltsituation.

Die Konferenz wurde aufgenommen und kann auf dem YouTube-Kanal der SPD angeschaut werden.
Teil 1: https://www.youtube.com/watch?v=vS-IEA1Endw
Teil 2: https://www.youtube.com/watch?v=oXRSLne30LU

Als Moderator war auch in diesem Jahr wieder Takis Mehmet Ali dabei,
der Beauftragte der SPD-Bundestagsfraktion für die Belange von Menschen mit Behinderungen.
Er begrüßte anfangs Dagmar Schmidt, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion,
Kerstin Griese, die parlamentarische Staatssekretärin des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales,
sowie Jürgen Dusel, den Beauftragten der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.
Während Frau Schmidt uns weiterhin ermutigte uns als Werkstatträte in der Politik einzubringen,
legte Frau Griese wert darauf zu betonen, dass nicht allein die Entgeltsituation die Zukunft der Werkstätten bestimmen solle,
sondern ebenfalls eine bessere Umsetzung des Übergangs auf den ersten Arbeitsmarkt in den Fokus genommen werden muss.

Wo sind die Hürden?
Wieso sind noch nicht so viele Menschen mit Behinderungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wie diese es sich wünschen würden.
Eine transparente Entlohnung, sowie das Einbinden von Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung sei aber ein genauso wichtiges Thema.
Jürgen Dusel bestätigte, dass wir Beschäftigte in den Werkstätten von unserem Einkommen unser Leben bestreiten können müssen.
Außerdem gehören Inklusion und Demokratie zusammen.
Aus diesem Grunde meint er, sei die SPD sehr interessiert uns behinderten Menschen zu helfen.

Ab 11.00 Uhr stellte dann Dr. Dietrich Engels, die jetzt fertig gestellte Studie der ISG und Infas vor.
Hier ging es darum für die Politik einen umfangreichen Bericht an die Hand zu geben,
der unsere Sorgen und Probleme, aber auch unsere Wünsche und Bedürfnisse in den Vordergrund rücken.
Dr. Engels legte detaillierte Zahlen vor, die bestätigen, dass eine Reform der Werkstätten unbedingt sein muss, um uns Beschäftigten zu helfen. Diese Studie hat einige Jahre gedauert, um fertig gestellt zu werden, aus diesem Grunde waren einige zahlen auch nicht mehr ganz aktuell.
Er zeigte aber auch, dass wir zwischen 2019 und 2021 eine Entgelterhöhung von EINEM (1,00) Euro hatten.
Außerdem wünschen sich etwa die Hälfte der Menschen im Berufsbildungsbereich und etwa ein Drittel aus dem Arbeitsbereich, sich mal auf dem ersten Arbeitsmarkt ausprobieren zu dürfen.
Tatsächlich schaffen es aber nur 0,35 Prozent.
Also etwa einer von Hundert.
Nun stellte Herr Dr. Engels auch verschieden Möglichkeiten vor, wie ein gerechtes Entgeltsystem in der Zukunft aussehen könnte.
Unter anderem tauchten hier auch zwei Modelle mit Mindestlohn auf, sowie das Basisgeld, welches von Werkstatträte Deutschland e.V. gefordert wurde.
Auch wurden einige Möglichkeiten erwähnt, wie man den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt fördern könne.
Das ging von Prämienzahlungen bis hin zur Ausgliederung des Berufsbildungsbereichs.

Nun konnte die Podiumsdiskussion beginnen.
Welche Anforderungen soll das Werkstattentgelt der Zukunft erfüllen?
Teilnehmer waren Lulzim Lushtaku von Werkstatträte Deutschland e.V.,
Kathrin Völker Geschäftsführerin der BAG WfbM,
Dr. Anette Tabbara, Abteilungsleiterin für Teilhabe im Bundesministerium Arbeit und Soziales,
Dr. Dietrich Engels von der ISG (Studie) und Takis Mehmet Ali, der auch hier moderierte.
Das erste Wort ergriff unser Kollege Lulzim, der klarstellte, dass wir von unserem Einkommen leben können müssen.
Außerdem solle es deutlich einfach gestaltet sein.
Frau Völker ergänzte, dass niemand von der Grundsicherung leben solle, aber auch dass die Wahlfreiheit wichtig sei, ob man auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten möchte oder weiterhin in der Werkstatt.
Frau Tabbara hingegen legte mehr Wert darauf, Schluss zu machen mit den so genannten „Sonderwelten“.
Man solle nicht zwangsläufig mit einer Behinderung in einer Werkstatt landen.

Es gab auch Fragen aus dem Publikum, die sich auf den so genannten NRW-Weg bezogen.
Dieser sei ja grundsätzlich die richtige Richtung, aber es wurden auch Bedenken geäußert, dass man bei unserer Hilfe nicht immer nur auf das Geld schauen dürfe.
Hierzu meinte Herr Dr. Engels, dass dies keinesfalls der Fall sei.
Die Empfehlung der Studie ginge nicht nach der billigsten Lösung. Er tendiere eher in Richtung Mindestlohn.
Auf die Frage, ob es eine Zwischenlösung geben könne, bis die Reform in trockenen Tüchern ist, bestand Frau Tabbara aus dem Bundesministerium darauf, dass auch eine Zwischenlösung ein neues Gesetz brauche und es deshalb konsequent ausschloss.
Wir dürfen uns also keine Hoffnung auf eine zeitnahe Erleichterung machen.
Takis Ali betonte, dass in ganz Deutschland die SPD die einzige Partei sei, die eine solche Werkstatträte-Konferenz veranstalte
und wir uns sicher sein können, dass unsere Stimmen hier ernst genommen und in der Regierung beachtet werden.
Herr Dr. Engels erwähnte noch einen wichtigen Punkt, der darauf abzielte, dass eine Lösung mit dem Mindestlohn auch eine Gleichstellung zwischen alten und neuen Bundesländern bedeuten würde.
Dieser Punkt wurde durch das Publikum positiv aufgenommen.

Nach der Mittagspause folgte dann eine zweite Podiumsrunde.
Wie kann eine Verzahnung mit dem Allgemeinen Arbeitsmarkt besser gelingen?
Gäste hier waren Elisabeth Kienel von Werkstatträte Deutschland e.V.,
Andrea Stratmann, der stellvertretenden Vorstandvorsitzenden der BAG WfbM,
Dr. Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär des Bundesministeriums Arbeit und Soziales
und auch weiterhin Dr. Engels und Takis Mehmet Ali.
Elisabeth von Werkstatträte Deutschland begann damit, dass Gesetze allein nicht ausreichen, um einen Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zu schaffen.
Inklusion braucht deutlich mehr als das, wie zum Beispiel auch ein ausreichendes Angebot an freien Arbeitsplätzen.

Frau Stratmann betonte, das Team-Work wichtig sei.
Es könne nicht alles nur von den Werkstätten allein geleistet werden.
Bildung sollte zum Beispiel viel mehr in den Vordergrund gerückt werden.
In der klassischen Industrie steht leider nicht der Mensch im Vordergrund.
Dr. Schmachtenberg betont, dass die Bildung gerade im Berufsbildungs-Bereich deutlich gestärkt werden muss, um eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Die Industrie darf nicht nur Nutznießer unserer Produkte sein, sondern solle auch uns Menschen mit Behinderung einstellen.
Der Rentenvorteil aus den Werkstätten solle aber trotzdem erhalten bleiben.
Frau Stratmann ergänzte, dass die Bildung nicht im Berufsbildungsbereich aufhören dürfe, sondern, dass auch danach Module angeboten werden sollen, die einen Übergang auf den ersten Arbeitsmarkt ermöglichen.
Dr. Engels ergänzte, die Ausbildung müsse richtig zugeschnitten sein.
Die Unternehmen sollen aber auch an die Hand genommen werden.
Es könne nicht sein, dass Unternehmen, die Inklusion wünschen, sich selbst „irgendwie durchwurschteln“ müssen.

Herr Dusel fügte noch hinzu, dass es grundsätzlich immer wichtig sei auf dem Arbeitsmarkt Barrierefreiheit herzustellen und nicht erst, wenn konkreter Bedarf bestünde.
Aus dem Publikum folgte zum Abschluss noch die Kritik, dass ein Außenarbeitsplatz für viele Menschen mit Behinderung nicht erreichbar sei, da es ein großes Problem zu sein scheint, einen Fahrdienst zu organisieren.
Die Gäste aus der Diskussionsrunde stimmten zu und erkannten auch hier deutlichen Verbesserungsbedarf.

Fragen aus dem Publikum zeigten auch die Besorgnis von Werkstatträten und Beschäftigten, dass über sie hinweg Dinge entschieden werden.
Entgeltsorgen wurden seit Jahren mit der Studienveröffentlichung vertröstet und vieles deutet nun eben nicht auf den jetzt folgenden großen Wurf hin.

Zum Abschluss dieser Veranstaltung trat Bundesarbeitsminister Hubertus Heil auf die Bühne und fand noch ermunternde aber auch kritische Worte.
Er bedankte sich für die rege Teilnahme im Internet und die Anregungen und Fragen aus dem Publikum vor Ort.
Die Arbeit der Werkstatträte und auch der BAG WfbM sei ein wichtiger Punkt, wir müssen gemeinsam Lösungen finden.
Die Übergänge auf den Allgemeinen Arbeitsmarkt müssen deutlich mehr werden, wenn die Menschen mit Behinderung dieses wünschen.
Die Bezahlung allein dürfe nicht isoliert betrachtet werden.
Am Ende erwähnte er noch die Wichtigkeit der Demokratie im Zusammenhang mit der Inklusion.
Die Barrierefreiheit ist auch heute immer noch ein großes Problem.
Alles, was zur Spaltung der Gesellschaft und einer Exklusion führt sei für manche Parteien einfacher,
aber ernsthafte Demokratie muss Inklusion wagen.

Wir als LAG finden dies als Abschlusswort absolut richtig und freuen uns,
dass wir auch hier wieder die Möglichkeit hatten uns mit der Politik auszutauschen und gehört zu werden.

 

Ein Text von Ingo Plaßmeier, Delegierter der LAG WR NRW

Die LAG Werkstatträte NRW zu Notwendigkeiten einer Werkstatt-Reform

Dirk Fensterseifer beschäftigt sich seit zwei Jahren für die LAG Werkstatträte NRW
mit der Fragestellung einer Entgelt-Reform und der Zukunft der Werkstätten insgesamt.
Er verfolgte intensiv die Erstellung der „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen und deren Perspektiven auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt“
und konnte mehrfach an Gesprächen der erweiterten Steuerungsgruppe teilnehmen.

Nach der Veröffentlichung dieser Studie am gestrigen Tag
spricht er nun über die Sorgen und Ängste der Beschäftigten in Werkstätten.

Hier ist der Link zu diesem Video auf unserem YouTube-Kanal:

https://youtu.be/if65g9HOE3k

Hier kann man den Text zum Video auch Nachlesen:

Video-Stellungnahme_LAG_WR NRW zur Entgelt-Studie

Die LAG Werkstatträte NRW sieht aber auch die Chancen innerhalb der ausführlichen Studie
und befürwortet definitiv einen Großteil der Impulse und Ideen,
die von der Wissenschaft erarbeitet und formuliert wurden.

Die Politik ist nun am Zug,
die Reform-Ideen zum Entgelt der Beschäftigten in Werkstätten aufzugreifen
und in Gesetze zu formen.
Kleine Stellschrauben, wie die damalige Grundbetrags-Steigerung über das BTHG (Bundesteilhabe-Gesetz)
oder debattierte Ansätze einer zaghaften Erhöhung des AföGs (Arbeits-Förderungs-Geld) sind definitiv nicht mehr zeitgemäß
und müssen dieses Mal von einer mutigen Reform,
ganz im Sinne der UN-Behinderten-Rechts-Konvention, abgelöst werden.
Die LAG Werkstatträte NRW bedankt sich hiermit bei den beiden Forschungs-Instituten und, stellvertretend für die vielen beteiligten Wissenschaftler,
bei Herrn Dr. Engels, Frau Dr. Deremetz und Prof. Dr. Welti.

Bericht von der Werkstätten-Konferenz und der Demonstration vor dem Bundestag

In leichter Sprache:

Vom 22. bis zum 24. Mai 2023 war in Berlin die Werkstatträte-Konferenz von Werkstatträte Deutschland e.V.
Konferenz bedeutet, dass sich viele Werkstatträte zu Gesprächen getroffen haben.
Dort haben sie über Probleme mit dem Werkstattlohn gesprochen.
Der Lohn ist immer noch zu wenig.
Alles wird in den Geschäften teurer, aber unser Werkstatt-Lohn bleibt immer gleich.

Nicht nur Werkstatträte waren da, sondern auch Politiker.
Diese Politiker sprachen von Veränderungen des Lohns. Eine Reform wäre geplant.
Reform bedeutet, dass Dinge verändert werden sollen.
Dafür müssen Gesetze gemacht werden.
Ein Gesetz kann allen Werkstatt-Beschäftigten mehr Lohn geben!
Bis zu dem Gesetz gibt es aber noch viel zu erledigen: Wie soll der Lohn in Zukunft aussehen?

Zu dem Gesetz haben sich vor allem Wissenschaftler Gedanken gemacht.
Die Wissenschaftler wurden von den Politikern gebeten, die Probleme mit dem Lohn genau zu erzählen.
Bald werden diese Wissenschaftler einen Bericht schreiben.
Darin steht dann: Was läuft nicht so gut mit dem „Lohn in Werkstätten“?
Wie kann man den Lohn erhöhen?
Wie kann man den Beschäftigten mehr Lohn bezahlen?
Aber auch: Wie könnten Werkstätten in der Zukunft aussehen? Was kann man besser machen?

Auf den Bericht warten nicht nur Politiker, die Gesetze machen wollen.
Auch wir Werkstatträte warten auf den Bericht.
Wir Werkstatträte kämpfen schon lange für mehr Lohn!
Wir kämpfen für unseren Schutz.
Wir kämpfen für unsere Rechte.

Zum Beispiel:
Niemand soll aus der Werkstatt rausfliegen, wenn er nicht so viel arbeiten kann!
Auch unsere Rente ist wichtig!
Werkstatträte haben viel auf der Konferenz geredet.

Am letzten Tag gab es eine Demonstration vor dem deutschen Bundestag.
Der Reichstag ist ein besonderer Ort, wo alle wichtigen deutschen Politiker arbeiten. Diese Politiker machen die Gesetze.
Und Demonstration bedeutet: Wir stellen uns alle zusammen dahin und rufen laut, dass es „MEHR LOHN“ geben muss!

Das haben die Politiker jetzt gehört.
Die Politiker lesen auch gerade den Bericht der Wissenschaftler.
Darin steht: „Ja, es soll mehr Lohn für die Beschäftigten geben!“.
Wir hoffen, dass es bald mehr Lohn geben wird. Das kann aber noch einige Zeit dauern.
 

Und jetzt in schwerer Sprache, in aller Ausführlichkeit:
Vom 22. bis zum 24. Mai 2023 sollte die Werkstatträte-Konferenz von Werkstatträte Deutschland e.V. in Berlin stattfinden, mit einem großen Finale am letzten Tag, an dem zentral vor dem Reichstag eine Demonstration der Werkstatträte [aus] Deutschland stattfinden sollte – zwar zweifelte ich vor einigen Wochen noch, ob der Zeitpunkt nicht schlechter hätte gewählt werden können, rückblickend betrachtet muss ich jedoch sagen: Besser konnte es nicht laufen!

Vielleicht sollte ich ein wenig ausholen und erst einmal erklären, dass die große Frage nach „mehr Lohn“ schon einige Jahre alt ist und spätestens mit der zähen Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) begann – hofften alle Beschäftigten durch den steigenden Grundbetrag endlich ein wenig mehr Geld in der Tasche zu haben, wurden sie schnell auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt, da die Erhöhung des Grundbetrages schlichtweg zu einem Absinken des Steigerungsbetrages führte, was die Lohnhöhe insgesamt in vielen Werkstätten nahezu gar nicht veränderte. Schlimmer noch, sie führte zu einer Überstrapazierung des Solidaritätsgedankens, da nun insbesondere Leistungsstärkere die Leistungsschwächeren „mittragen“ mussten (auch wenn niemand den Begriff „Leistung“ mag).

Die Bundesregierung reagierte also vor einigen Jahren, auch in Anbetracht dieser Entwicklungen rund um das BTHG und gab eine Studie in Auftrag, die endlich ein „transparentes, nachhaltiges und zukunftsfähiges Entgeltsystem“ (so auch der Name der Studie) schaffen sollte. Die beauftragten Wissenschaftler (Institute ISG und Infas, in Zusammenarbeit mit diversen Wissenschaftlern) haben seit ihrem Auftrag aus der Politik eine unglaublich detaillierte Forschungsarbeit geleistet und insbesondere tausende Personen rund um die Werkstätten für behinderte Menschen (Beschäftigte, Werkstatträte und Werkstattleitungen) befragt, um erst einmal den IST-Zustand und die damit verbundenen Probleme genau festzustellen. Während die ersten Erkenntnisse und Schlussfolgerungen in Zwischenberichte geflossen waren, wurde eng mit allen Beteiligten (Verbände, Trägerschaften, Werkstatträte, Werkstattleitungen, usw.) gesprochen, ja man möchte sagen: Verhandelt! Denn die verschiedenen Beteiligten haben unterschiedlichste Ansichten und selbstverständlich unterschiedlichste Ziele, so dass ein „Mehr Lohn“ kein allgemeiner Konsens, sondern eher eine Forderung aus der Richtung der Beschäftigten ist – Sozialhilfeträger und Kommunen wollen beispielsweise die Beschäftigten eher aus den Werkstätten herausholen und auf Teufel komm raus auf den ersten Arbeitsmarkt integrieren, notfalls ohne Wunsch- und Wahlrecht. Ein steigender Lohn in den Werkstätten wäre dann natürlich ein deutliches Vermittlungshemmnis…

Etwa im November 2022, nach einem Treffen der erweiterten Steuerungsgruppe in Berlin war dann zumindest schon eine Richtung erkennbar und die Delegierten der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte NRW hatten sich weg von „Wünschen zur Entgeltreform“ und hin zu „Roten Linien einer Entgeltreform“ bewegt. Zu diesem Zeitpunkt war nämlich deutlich spürbar, dass viele Wünsche (insbesondere das Basisgeld der Werkstatträte Deutschlands) nicht einfach umzusetzen wären oder eben für andere Beteiligte ein „übertriebenes Geldgeschenk mit steigendem Vermittlungshindernis“ wären.
Für die LAG WR NRW waren und sind jedoch die besonderen Schutzrechte (z.B. der besondere Kündigungsschutz), aber auch einige Nachteilsausgleiche (wie das sogenannte Rentenprivileg) keine Verhandlungsmasse! Diese Dinge müssen erhalten bleiben, diese „Rote Linien“ dürfen nicht überschritten werden!

Zu dieser sowieso schon komplizierten Sachlage kamen nun auch einige Dinge, die im Kern gar nichts mehr mit der Entlohnung direkt zu tun haben, die jedoch in jeder Debatte und Diskussion gestreift oder sogar primär besprochen wurden: Vor allem der Arbeitnehmerstatus.

Die UN-Behindertenrechtskonvention, die Europäische Union, aber auch andere Organisationen und Verbände fordern bereits seit langer Zeit von Deutschland diesen Status für die Beschäftigten von Werkstätten, da der „arbeitnehmerähnliche Beschäftigungsstatus“ eine Abgrenzung, ja sogar eine deutliche Ausgrenzung behinderter Menschen vom Arbeitsmarkt darstellt. Kommt ein Arbeitnehmerstatus, wäre der Mindestlohn jedoch gesetzt und somit die Diskussion um einige vollkommen andere Reformansätze zur Entlohnung hinfällig.

Nun ist – ganz aktuell – der Entwurf des Abschlussberichts zur „Studie zu einem transparenten, nachhaltigen und zukunftsfähigen Entgeltsystem für Menschen mit Behinderungen in Werkstätten für behinderte Menschen“ einigen wenigen Personen (vor allem Regierungspolitiker, aber auch einige wenige Personen aus der Steuerungsgruppe) bekannt, alle anderen werden noch einige Wochen warten müssen, bis der endgültige Abschlussbericht veröffentlicht wird (spätestens über den Bundesanzeiger).

Was den meisten Beteiligten jedoch seit Wochen klar ist: Am Arbeitnehmerstatus (mit mehr oder weniger Schutzrechten) und am Mindestlohn (mit noch nicht geklärten Berechnungsmodellen der Arbeitszeit) wird kaum jemand vorbeikommen und die Empfehlungen der Studie werden ganz klar diese Lösungsansätze bevorzugen – Herr Dr. Engels, einer der Köpfe hinter der Studie, wurde und wird jedoch nicht müde zu erklären, dass „der ganze Ansatz – unabhängig davon, wie er im Detail aussehen wird – definitiv ein Plus, ein mehr Lohn, beinhalten wird“. Entscheidend werden eher die Reaktionen und die Schlussfolgerungen der Politik sein: „Mehr Lohn, mehr Inklusion, mehr Perspektiven wagen“ oder nur die altbekannten Stellschräubchen drehen, wie bei der zu Anfang genannten BTHG-Gesetzgebung?!

Mit all diesen Vorzeichen begann am Montag, den 22.05.2023, also die Werkstatträte-Konferenz in Berlin und nicht wenige Teilnehmer waren bereits zu Beginn ein wenig ernüchtert und frustriert, dass die Werkstatträte mehrere Tage über Entgelt und Zukunftsperspektiven diskutieren sollen, die Reform aber irgendwo in Hinterzimmern des Bundestags bereits „zusammengeschustert“ wird.

Die Podiumsdiskussion am Nachmittag des ersten Tages sollte jedoch schon einige hellhörig werden lassen: Die Ampel-Politiker Takis Mehmet Ali (SPD), Corinna Rüffer (Grüne) und Jens Beeck (FDP), aber auch der Oppositionspolitiker Wilfried Oellers (CDU) nahmen mehrfach und gleichlautend das Wort „Werkstättengesetz“ in den Mund, ein Begriff, der in diesem Zusammenhang nahezu allen Konferenz-Teilnehmern unbekannt war, jedoch nach Aufbruch, Veränderung und Reform klang.

Werkstättengesetz und Entgelt-Reform. Der Duden beschreibt eine Reform als „planmäßige Neuordnung, Umgestaltung, Verbesserung des Bestehenden (ohne Bruch mit den wesentlichen geistigen und kulturellen Grundlagen)“. In einigen Konferenzteilnehmern keimte Hoffnung, dass wir dieses Mal nicht wieder mit „vergifteten 10 Euro Grundbetragserhöhung“ abgespeist werden, sondern etwas Großes vor uns liegen könnte.

Am zweiten Tag der Konferenz konnten wir im Workshop zum Thema „Entgelt“ den bereits erwähnten Dr. Engels vom ISG Institut begrüßen und sein Vortrag und die daraufhin aus den Teilnehmern sprudelnden Rückfragen waren Wasser auf die Mühlen der hoffnungsfrohen Werkstatträte.

Der dritte Tag der Konferenz (im Übrigen äußerst sympathisch moderiert und geleitet von Dörte Maack!) verging dann wie im Fluge und der Höhepunkt der drei Tage stand an: Eine Demonstration von Werkstattbeschäftigten und Werkstatträten vor dem Reichstag mit dem Motto: Gute Leistung, gutes Geld!

Und ja: Da war was los, da wurde richtig Tacheles geredet, da waren wir das erste Mal seit langer Zeit wirklich laut, hörbar und deutlich sichtbar! Roland Weber, einer unserer wichtigsten Mitstreiter der letzten Jahre sagte einmal, dass „wenn wir nicht gesehen werden, wenn wir nicht gehört werden, dann werden wir auch nicht wahrgenommen“ – wahrgenommen wurden wir an diesem Tag definitiv und auch Roland konnte als einer der Redner auf der Demonstrationsbühne seinen Beitrag zu einer gelungenen Aktion vor der Hauptstadtkulisse leisten.

Und es waren einige Politiker mehr als erwartet gekommen, nicht nur die bereits zur Podiumsdiskussion eingeladenen Personen. Gesehen und angesprochen wurden beispielsweise Sören Pellmann (Linke), Bernd Rützel (SPD), Wolfram Giese (CDU), Jürgen Dusel (SPD) und Kerstin Griese (SPD), aber auch Vertreter verschiedener Verbände, so unter anderem Frau Kathrin Völker, ihrerseits Geschäftsführerin der BAG WfbM. Sie alle sahen und hörten (!) über anderthalbtausend Demonstrierende in eigener Sache, die bereits nach wenigen Minuten aus voller Kehle das Motto gen Reichstag skandierten: „Gute Leistung, gutes Geld“!

In einem der vielen Gespräche „am Rande der Demo“ kamen Werkstatträte und einige behindertenpolitische Sprecher aus den (Ampel-)Fraktionen darüber überein, dass JETZT etwas passieren muss – wenn nicht eben mit einer derartigen Regierungskoalition, dann wohl für viele Jahre gar nicht mehr.

Corinna Rüffer lehnte sich sehr weit aus dem Fenster und erklärte das Ziel für eine mögliche Reform, ein Werkstättengesetz: „2024 ist das noch zu schaffen!“

-“Das ist aber sehr sportlich, Frau Rüffer! Das glauben wir erst, wenn wir es sehen!“
-“Hand d’rauf, Herr Fensterseifer!“, war ihr Konter.

Ich habe selten so schnell und hoffnungsfroh eine Hand zum Abschluss einer Wette geschüttelt (die ich gerne verlieren werde!)!

Liebe Werkstattbeschäftigte, liebe Werkstatträte, verliert nicht den Mut: Da ist Bewegung im Hintergrund, da passiert noch etwas, da werden Veränderungen, Verbesserungen kommen! Wenn ich in den sozialen Medien von einigen lese, dass das alles eine „große Luftnummer“ war und die ganze Demonstration die Werkstattbeschäftigten keinen Schritt weiter bringen wird, dann kann ich das nur scharf zurückweisen: Alleine die Begeisterung und die gegenseitige Würdigung der Leistung aller Werkstattbeschäftigten und Werkstatträten auf dieser Demo war es schon wert, den beschwerlichen Weg nach Berlin anzutreten!

Die Reform kommt. Hand d’rauf!

 

Der Text ist von: Dirk Fensterseifer, Delegierter LAG WR NRW

 

Experten-Gruppe zur Entgelt-Reform traf sich in Berlin!

Am 28. November 2022 gab es einen wichtigen Termin in Berlin:
Die Experten-Gruppe zur Entgelt-Reform kam zu einem Gespräch zusammen.
Die LAG Werkstatträte NRW waren bei diesem sehr wichtigen Treffen für die Zukunft dabei!
Die Werkstätten in Deutschland benötigen ein neues Entgelt-System, das bedeutet:
Wovon sollen Werkstatt-Beschäftigte in Zukunft leben?
Die bekannten Systeme müssen dazu überarbeitet werden:
Denn die Mischung aus Grund-Sicherung oder Rente und dem komplizierten Werkstatt-Entgelt ist nicht mehr zeitgemäß.
Wir Werkstatträte sagen auch:
Es ist nicht genug Geld für die Arbeit, die wir leisten!

Die Bundes-Regierung glaubt auch, dass sich etwas ändern muss.
Deswegen haben sie die Wissenschaft gebeten, eine Lösung für die Zukunft zu erarbeiten.
Wenn sich nicht nur kleine Dinge ändern sollen,
sondern auch große Dinge auf eine lange Zeit verändert werden, dann ist das eine „Reform“.
An diesen Vorschlägen zu einer Reform arbeiten die Wissenschaftler schon seit 2 Jahren.
Erste Ideen und Vorschläge wurden schon gemacht.
Es gab in den Werkstätten Umfragen:
Was brauchen die Beschäftigten? Wie kann man die Situation verbessern?
Ideen sind zum Beispiel das Basis-Geld: das fordern wir Werkstatträte.
Es wird auch viel über einen Mindest-Lohn gesprochen.

Am letzten Montag in Berlin waren alle nochmal zu einem Gespräch eingeladen:
Die Wissenschaftler, die Politik, die Werkstätten, aber auch Werkstatträte und Frauenbeauftragte.
Das „Institut für angewandte Sozialwissenschaft“ (die Wissenschaftler) wollten von allen hören,
was sie brauchen und was sie für eine gute Idee halten würden.
Der Abschluss-Bericht der Wissenschaftler wird im Sommer 2023 veröffentlicht.

Dann weiß die Politik, welche Entgelt-Reform am besten wäre.
Wenn die Politiker dann die Ideen umsetzen wollen,
dann müssen sie Gesetze beschließen: Aber das kann auch noch dauern.
Wir sind aber froh, dass es überhaupt eine Verbesserung geben wird.
Wir sind auch froh, dass wir uns beteiligen können und eure Ängste und Sorgen der Wissenschaft mitteilen können.

Wir bleiben dran!

Noch 2 Links:
www.infas.de
www.basisgeld-jetzt.de

Der Text wurde geschrieben von: Dirk Fensterseifer

Eindrücke von der 15. SPD-Werkstatträte-Konferenz

Am 7.November 2022 lud die SPD-Fraktion die Werkstatträte aus ganz Deutschland mittlerweile zum 15. Mal ein,
um über die Zukunft unserer Werkstätten zu diskutieren.
Es sollte um die Zukunft unserer Arbeitsstätten gehen und dieses ist unserer Meinung nach auch gut gelungen.

Der Fraktionsvorsitzende Dr. Rolf Mützenich begrüßte alle Teilnehmer und stellte ganz klar, dass Arbeit einen Wert haben muss.
Dieses bezieht sich nicht nur auf das Einkommen, sondern auch auf den Respekt gegenüber uns behinderten Menschen.
Die Redner im Laufe des Vormittags waren dann der SPD-Politiker Herr Takis Mehmet Ali,
die Parlamentarische Staatssekretärin für Arbeit und Soziales Kerstin Griese
und Jürgen Dusel als Beauftragter für die Belange von uns Menschen mit Behinderung in Deutschland.

Herr Alis Schwerpunkt ist die so genannte Personenzentrierung.
Das heißt, dass wir behinderten Menschen im Mittelpunkt der Werkstattarbeit stehen müssen. Mit unseren persönlichen Bedürfnissen und Wünschen.
Frau Griese ging auf die Entgeltstudie ein.
Die Ergebnisse werden aber erst Mitte des nächsten Jahres zur Verfügung stehen, „da sie ja auch gründlich sein soll“.
Des Weiteren erwähnte sie, dass die Initiative „Starke.Frauen.Machen“ nun ein eingetragener Verein ist
und die Arbeit der Frauenbeauftragten in Zukunft noch stärker unterstützen soll.
Herr Dusel ging auf die Corona-Pandemie, sowie den Ukraine-Krieg ein und insbesondere die Probleme, die dadurch auch bei uns Menschen mit Behinderung entstehen.
Er will Fortschritt wagen bei der Gleichberechtigung von uns Beschäftigten,
und dass wir die gleichen Rechte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verdienen.
Er verlangt uns gegenüber Respekt von Werkstatt-Leitern und Sozialdiensten.

Nun begann die Podiumsdiskussion mit Frau Kathrin Völker, die Geschäftsführerin der BAG WfbM als Vertretung für Herrn Dr. Berg,
Petra Barth von Werkstatträte Deutschland,
Dr. Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär beim BMAS
und aus der Vorrunde Herrn Jürgen Dusel.
Frau Barth wies auf unsere Rechte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt hin und verlangte mehr Inklusion.
Herr Dusel verlangte eine höhere Bezahlung für unsere Arbeit in den Werkstätten, sowie eine bessere Transparenz.
Frau Völker betonte, dass es derzeit schon eine Weiterentwicklung in Bezug auf die UN-Behindertenkonvention gebe, aber verwies auch auf den Bedarf auf einen höheren Lohn für uns Beschäftigte.
Herr Dr. Schmachtenberg bezog sich auf den Zwischenbericht der Entgeltstudie und erwähnte, dass 86 Prozent von uns Beschäftigten gerne in einer Werkstatt arbeiten, aber auch, dass etwa 30 Prozent sich eine Arbeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gut vorstellen können.
Wichtig ist ihm die Wahlmöglichkeit.
Also dass man selbst entscheiden kann, ob man in der Werkstatt oder in der freien Wirtschaft arbeiten möchte.
Gerade bei Letzterem ist die Wahlmöglichkeit extrem eingeschränkt.

Während dieser Runde gab es zahlreiche Fragen und Anregungen aus den Reihen der anwesenden Werkstatträte.
Zum Beispiel:
Wieso wird einem vieles auf Sozialleistungen angerechnet und man darf sehr wenig behalten?
Warum gibt es keine höheren Strafen für Firmen, die keine behinderten Menschen beschäftigen wollen?
Wieso gibt es oftmals nur schlechte Beratung von behinderten Menschen in Jobcentern?
Warum gibt es keine richtigen Ausbildungsberufe in Werkstätten, die einem den Übergang auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erleichtern?
Wie kann der allgemeine Arbeitsmarkt inklusiver werden?

Auf alle diese Fragen konnte in dieser Runde natürlich keine Antworten gefunden werden, aber die Politiker hatten ein offenes Ohr und Verständnis für unsere Situation.
Man arbeite daran, die Firmen mehr in die Verantwortung zu nehmen.
Zum Beispiel durch etwa durch höhere Strafen.
Herr Dusel erwähnte, dass die Jobcenter besser beraten müssen, um uns Beschäftigte mehr Möglichkeiten zu zeigen.
Menschen müssen die Wahl haben, was sie machen möchten.
Herr Dr. Schmachtenberg sagte, dass man all die Menschen berücksichtigen muss, die nicht in einer Werkstatt arbeiten möchten.
Frau Völker betonte, dass die Werkstätten die Spezialisten sind, wenn es um die Aus- und Weiterbildung von Menschen mit Behinderung geht und dass dieses Wissen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt getragen werden muss.

Nach der Mittagspause lag dann der Schwerpunkt der Diskussion auf der Personenzentrierung.
Wir brauchen bei den Werkstätten keine sehr großen und alte Einrichtungen (wie Dinosaurier), wo eine große Menge von Menschen mit Behinderungen leben und arbeiten, wie es in der Vergangenheit oft die Regel war.
Wir müssen spezieller werden, damit sich die Werkstätten auf uns Menschen konzentrieren und unsere individuellen Bedürfnisse erkennen und fördern können.
In dieser Runde sprachen Lulzim Lushtaku, der jetzt neue Vorsitzende von Werkstatträte Deutschland,
Frau Dr. Anette Tabbara, Abteilungsleiterin für Teilhabe im BMAS,
Professor Dr. Felix Welti, Rechtswissenschaftler an der Universität Kassel
und aus der Vorrunde Frau Kathrin Völker.
Moderiert wurde von Takis Mehmet Ali.
Herr Ali hat früher selbst in einer Werkstatt für behinderte Menschen gearbeitet.
Er hat selbst erlebt, dass er früher ausgebremst wurde, wenn es um die Förderung von uns Menschen mit Behinderung geht.
Dieses Problem haben auch viele andere Werkstätten, da aufgrund der fehlenden finanziellen Mittel sehr schwer ausreichend qualifiziertes Personal beschäftigt werden kann.
Auch der Werkstattrat Lulzim Lushtaku bestätigte, dass in der Theorie alles gut ist, aber es zur Umsetzung an Mitarbeitern fehle.
Es gebe zu wenig Strukturen und zu wenig Geld.
Man müsse nicht nur reden, sondern auch Dinge in die Tat umsetzen.
Professor Welti betonte, dass wir bei den Gesetzen mehr Modernisierung brauchen.
In Zukunft darf es keine Rolle spielen, ob man in der Werkstatt arbeitet oder in der freien Wirtschaft.
Nur dann reden wir von Personenzentrierung und Inklusion.
Werkstattrat Max Haberland aus dem Publikum warf ein, dass die Kostenträger manchmal aus seiner Sicht einer Personenzentrierung entgegenstehen, weil diese mehr Geld kostet.
Herrn Ali ist dieses Problem bekannt.
Ein weiterer Punkt ist der so genannte Personalschlüssel, also die Zahl der Gruppenleiter oder unterstützenden Mitarbeiter in Bezug auf die Beschäftigten.
Frau Tabbara bestätigt, dass der Personalschlüssel zwar nicht festgeschrieben ist, aber dass es bei einem höheren Schlüssel es Probleme mit der Finanzierung gibt.

Ins Gespräch wurde dann die Möglichkeit gebracht, kleinere Werkstätten ins Leben zu rufen,
die sich dann besser auf spezielle Erkrankungen konzentrieren sollten.
Herr Ali erwähnt, dass in der Regel Werkstätten mindestens 120 behinderte Menschen beschäftigten sollten.
Aber er sieht hier auch das Problem, dass das einer Spezialisierung im Wege steht.
Frau Völker betont, dass es auch jetzt schon kleinere Werkstätten gibt, da der Bedarf einfach da ist.
Werkstattrat Herr Lushtaku bekräftigt ganz klar, dass die Werkstätten, die es heute gibt nun einmal, schon da sind.
„Wir können das Rad nicht neu erfinden.“
Man könne nicht alles abreißen und besser wieder aufbauen.
Es ist wichtig, in den bestehenden Werkstätten aus den Strukturen einfach noch mehr herauszuholen.
Der Personalschlüssel sei dafür ein sehr gutes Beispiel.
Es braucht auch mehr Transparenz und ein anderes Bewusstsein muss in den Werkstätten Einzug halten.
Professor Welti berichtet, dass in der Vergangenheit die Menschen an die Werkstätten angepasst wurden
und nicht der Mensch im Mittelpunkt stand.
So nach dem Motto: „Wenn´s bei dem einen passt, dann wird´s auch bei dem anderen passen.“
Außerdem seien wenige große Werkstätten einfach billiger als viele kleine.
Er kritisiert, dass dieses auf keinen Fall im Sinne der betroffenen Menschen ist.
Frau Tabbara entgegnet, dass große Werkstätten auch mehr Möglichkeiten bei der Auswahl der Arbeit bieten könnten.
Aber auch sie ist der Meinung, dass die großen Werkstätten ein Auslaufmodell sind und kleinere Werkstätten die Zukunft sein werden.

Auch in dieser Runde gab es wieder zahlreiche Meldungen aus dem Publikum.
Politiker sollten doch auch einmal in Werkstätten arbeiten, um zu sehen, wie es in der Praxis aussieht.
Herr Ali antwortete, dass er tatsächlich bei der „Aktion Schichtwechsel“ 2023 mitmacht, um sich wieder ein Bild der Werkstätten zu schaffen.

Ein weiterer Punkt sind die Fahrdienste, die in der Regel immer nur die nächstgelegene Werkstatt anfahren und somit die Auswahl von verschiedenen Werkstätten oft unmöglich machen.
Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ist es dann noch schwieriger überhaupt einen Fahrdienst zu bekommen.
Professor Welti bestätigt, dass es immer mindestens zwei Optionen geben muss, um frei wählen zu können.

Das mangelnde Personal wird auch im Publikum als Problem wahrgenommen.
Herr Ali findet es sehr nervig, dass immer von Fachkräftemangel in der freien Wirtschaft und Krankenhäusern gesprochen wird.
Es wird aber viel zu selten öffentlich über den Fachkräftemangel in der Behindertenhilfe und den Werkstätten gesprochen.

Zuverdienst-Grenzen werden ebenfalls kritisiert und es wird darauf verwiesen,
dass dieses nicht nur bei der Reform ab 2024 berücksichtigt wird,
sondern dass es auch im Zuge des Bürgergeldes Erwähnung finden soll.
Herr Professor Welti und Frau Tabbara weisen aber auch darauf hin,
dass es einen Unterschied zwischen dem Bürgergeld, welches Hartz IV ablösen soll,
und der Aufstockung bei der Grundsicherung nach SGB 12 gibt.
Aus ihrer Sicht soll das in einem weiteren Schritt im kommenden Jahr geregelt werden.

Zum Abschluss wirft Herr Ali noch die Frage an die Werkstatträte ein,
ob der Berufsbildungsbereich von zwei auf drei Jahre erhöht werden sollte.
Denn das würde den Beschäftigten andere Möglichkeiten einräumen.
Dies wurde von den Anwesenden unterschiedlich beurteilt.

Alles in allem war diese Werkstatträte-Konferenz ein sehr unterhaltsames und auch informatives Ereignis.
Es gab viele Fragen, viele Ideen und auch ein paar Antworten.

Wir von der LAG WR NRW finden es auf jeden Fall eine gute Sache, dass die Politik, in diesem Falle die SPD,
ein offenes Ohr für unsere Bedürfnisse hat und uns das Gefühl gibt,
dass unsere Sorgen und Probleme nicht ungehört verhallen.

Geschrieben von: Ingo Plaßmeier, Delegierter der LAG Werkstatträte NRW

Besuch im Landtag

Gestern am 28. September war die LAG Werkstatträte NRW zu Besuch im Landtag in Düsseldorf.
Wir hatten die Möglichkeit uns im Foyer des Landtages umzuschauen
und bei einer Plenarsitzung als Gast teilzunehmen.
Anschließend konnten wir verschiedenen wichtigen Politiker aus fast allen Fraktionen aus NRW unsere Sorgen mitteilen.
Wir waren sehr froh, dass auch Minister Karl-Josef Laumann bei dem Gespräch dabei war
und unsere Forderungen und Stellungnahmen mitgenommen hat.

Wir haben über die Preissteigerungen gesprochen und das bei uns das Geld an jeder Ecke fehlt.
Auch über Entgelt-Kürzungen haben wir eingebracht.
Und ganz aktuell haben wir unsere Stellungnahme zum neuen Infektions-Schutz-Gesetz abgegeben.

Unsere gemeinsame Stellungnahme mit der LAG WfbM NRW findet man hier:
Stellungnahme der LAG WR NRW und LAG WfbM NRW zum IfSG ab 1.10.2022

Start der Landes-Initiative zum Gewaltschutz in NRW

Heute Morgen am 27. September 2022 fand in Düsseldorf die Auftakt-Veranstaltung zur neuen Landes-Initiative Gewaltschutz in NRW statt.

Mit der Landes-Initiative Gewaltschutz in NRW sollen Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen der Behindertenhilfe besser vor Gewalt geschützt werden.

Viele verschiedene wichtige Gruppen und Institutionen wollen gemeinsam in den nächsten Jahren besser zusammenarbeiten und den Schutz vor Gewalt verbessern.

In allen Einrichtungen der Behindertenhilfe, also auch den Werkstätten für Menschen mit Behinderungen.

Tanja Lohmeier und Katrin Dörfler haben  ein Grußwort gehalten und auf Probleme hingewiesen.

Alle wichtigen Gruppen haben anschließend gemeinsam eine Absicht-Erklärungen dazu unterschrieben.

Tanja Lohmeier hat für die LAG Werkstatträte NRW ebenfalls unterschrieben.

Hier findet man mehr zu der Veranstaltung und weiteren Hinweisen:

https://www.mags.nrw/gewaltschutz-einrichtungen-der-behindertenhilfe

Wir von der LAG Werkstatträte NRW sagen:

Wir freuen uns auf die gute Zusammenarbeit in der Landesinitiative.

Denn: Gewalt passiert, bewusst oder unbewusst, auch in der Werkstatt.

Über das Thema Gewalt darf NICHT länger geschwiegen werden.

Es MUSS mit ALLEN offen darüber geredet werden!!!

Nichts über uns – ohne uns!!!

Grundbetrags-Erhöhung ab dem 1. Januar 2023

Wie viele von Euch schon gehört haben, wird der Grundbetrag für Beschäftigte in Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM) ab dem 1. Januar 2023 um 17 Euro auf insgesamt 126 Euro erhöht.
Es sind neu weitere 7 Euro dazu gekommen.

Warum ist das so?

Und warum ist das gar nicht so gut, wie es auf den ersten Blick erscheint?

Grundsätzlich arbeiten wir in den Werkstätten solidarisch.
Das bedeutet, dass wir unsere Kollegen unterstützen, die aufgrund ihrer Erkrankung oder Behinderung nicht so viel der schnell arbeiten können. Eine gute Sache.

Unser aller Bezahlung ist aber in verschiedene Punkte aufgeteilt.
Ein Punkt ist der so genannte Grundbetrag.
Dieser ist gesetzlich durch unsere Bundesregierung an das Ausbildungsgeld gekoppelt.
Das bedeutet, dass wir Menschen mit Behinderung auch mehr Geld bekommen, wenn zum Beispiel Auszubildende auch im Berufs-Bildungs-Bereich mehr Geld bekommen durch das BAföG.
Was eigentlich ein guter Gedanke ist, bringt aber auf den zweiten Blick ein Problem mit sich.

Die Erhöhung vom Grundbetrag in der Werkstatt gilt für alle Beschäftigten.
Die die viel Arbeiten und die die nicht so viel arbeiten können. Grundsätzlich also eine faire Geschichte.
ABER:
Die Werkstätten erwirtschaften dadurch nicht mehr Geld und müssen trotzdem diese Erhöhung an uns zahlen.
Das kann nur dadurch geschehen, dass das Geld an anderer Stelle eingespart wird.
Da aber die Werkstätten alle Gewinne für uns Menschen mit Behinderung aufwenden müssen,
gibt es logischerweise auch nur die einzige Möglichkeit Geld zu einzusparen.
Bei uns.

Das bedeutet, dass die schwächeren Beschäftigten und die Menschen in den Berufs-Bildungs-Bereichen mehr Geld bekommen,
während die Menschen, die mehr Leistung erbringen können, Kürzungen in Kauf nehmen müssen.
Der solidarische Gedanke ist auf keinen Fall in Frage zu stellen, jedoch erweckt diese Situation auch Neid und macht unzufrieden.
Das ist absolut natürlich und verständlich.

Wir von der LAG Werkstatträte NRW haben dazu eine Stellungnahme an die Regierung geschrieben.

Hier betonen wir, dass es grundsätzlich eine gute Idee ist uns Menschen mit Behinderung mit der mehr Geld unterstützen zu wollen.
Aber wir sagen auch ganz klar, dass diese Grundbetrags-Erhöhung nicht bei allen Menschen in der Werkstatt ankommt.
Wir benötigen Unterstützung durch den Bund oder die Länder, da die Werkstätten diese Erhöhung nicht ohne Einschränkungen leisten können.

Das ist eine Forderung an die Regierung aus unserem Positions-Papier Arm trotz Arbeit:
Wir fordern, dass jetzt das Arbeitsförderungsgeld von 52 Euro auf 177 Euro erhöht werden soll.
Das bedeutet:
Der gesamte Grundbetrag von bald 126 Euro pro Monat plus die 52 Euro vom jetzigen Arbeitsförderungsgeld werden vom Staat übernommen.
Zusätzlich soll die Begrenzung von 299 Euro bei der Auszahlung des Arbeitsförderungsgeldes aufgehoben werden.
Das hat zur Folge, dass die Werkstätten einen höheren Steigerungsbetrag auszahlen können.

Hier findet ihr unser komplettes Positions-Papier Arm trotz Arbeit von der LAG Werkstatträte NRW.

Diese wichtige Forderung soll aber nur ein schneller helfender Zwischenschritt sein.
Für die Zukunft fordern wir eine Weiter-Entwicklung der Werkstätten.
Aber nur mit uns Beschäftigten mit Behinderung zusammen.
Nicht über unsere Köpfe hinweg!
Wir unterstützen die Forderung von Werkstatträte Deutschland nach einem Basis-Geld für alle Beschäftigten in Werkstätten.
Hier findet ihr Infos zum Basis-Geld von Werkstatträte Deutschland.
http://www.basisgeld-jetzt.de

Wir sind guter Hoffnung gehört zu werden.
Den Rest zeigt die Zukunft.
Wenn es neue Entscheidungen geben sollte, werden wir euch selbstverständlich auch weiterhin auf dem Laufenden halten.

Hier findet ihr noch eine Erklärung zum Entgelt und unserem Positions-Papier.

Wenn ihr Werkstatträte in NRW seid und Hilfe braucht, dann meldet euch bei uns unter: info@nrw-werkstattraete.de

Gemeinsam sind wir stark!

Der Text wurde geschrieben von Ingo Plaßmeier, Delegierter der LAG Werkstatträte NRW

Wir machen uns stark für mehr Geld

Wir finden, es muss sich was für uns Beschäftigte in Werkstätten für Menschen mit Behinderung ändern.
Für die Zukunft unterstützen wir die Forderung von Werkstatträte Deutschland e.V. nach einem Basisgeld.
Hier findet ihr mehr dazu: https://www.basisgeld-jetzt.de/

Aber:

Bis vielleicht das Basisgeld kommt, dauert es bestimmt noch mehrere Jahre.
So lange wollen und können wir nicht warten.
Deswegen fordern wir für die Zwischenzeit schon kleinere Verbesserungen für uns Beschäftigte.

Deshalb haben wir in der LAG Werkstatträte NRW unser Positionspapier Arm trotz Arbeit geschrieben.

Wir fordern unter anderem:

Das Arbeits-Förderungs-Geld von 52 Euro soll auf 178 Euro erhöht werden.
Das bedeutet: Der gesamte Grundbetrag von bald 126 Euro pro Monat plus
die 52 Euro vom jetzigen Arbeits-Förderungs-Geld werden vom Staat übernommen.
Zusätzlich soll die Begrenzung von 299 € bei der Auszahlung des Arbeits-Förderungs-Geldes aufgehoben werden.
Das hat zur Folge, dass die Werkstätten einen höheren Steigerungs-Betrag auszahlen können.

Hier findet ihr unser ganzes Positionspapier:

Gemeinsam sind wir stark !