Wie kann ich meine Rechnungen bezahlen, wenn ich nicht arbeiten gehen darf?

Wie kann ich meine Rechnungen bezahlen, wenn ich nicht arbeiten gehen darf?
Wenn ich nicht arbeiten gehe, dann verdiene ich kein Geld.
Das stimmt eigentlich. Im Moment stimmt es nicht.
Das möchten wir euch erklären.
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Der Text ist von Ute Wegner – Vorsitzende der LAG Werkstatträte NRW.

Mutmachbrief – Mutmach-Erklärung

Liebe Werkstatträte,

mit Wirkung zum 01. August 2019, soll das Ausbildungsgeld von 80,- Euro monatlich auf 117,- Euro monatlich erhöht. Damit würde sich auch der Grundbetrag im Arbeitsbereich der Werkstatt erhöhen.

Für die Kollegen, die bisher nur den Grundbetrag, aber auch die, die mit dem Steigerungsbetrag weniger als 117,-Euro Werkstattentgelt bekamen, ist das eine super Sache.

Viele Werkstatträte fragen sich:

Der Werkstattrat hat, was das Thema Entgelt angeht, ein Mitwirkungs- und sogar ein Mitbestimmungs-Recht.

Selbst beim Mitwirkungs-Recht muss der Werkstattrat angehört werden.
Der Werkstattrat soll seine Meinung dazu sagen.
Ein Mitbestimmungs-Recht hat der Werkstattrat bei „Arbeitsentgelte, insbesondere Aufstellung und Änderung von Entlohnungsgrundsätzen, …, Zeit, Ort und Art der Auszahlung sowie Gestaltung der Arbeitsentgeltbescheinigungen“, aber eben auch bei der „Festsetzung der Steigerungsbeträge und vergleichbarer leistungs-bezogener Entgelte“ (z.B. Sonderzahlungen).
Bei dem Mitbestimmungsrecht entscheiden die Werkstattleitung und der Werkstattrat gemeinsam.
Ein Mitwirkungs – Recht hat der Werkstattrat, bei der „Darstellung und Verwendung des Arbeitsergebnisses, insbesondere der Höhe der Grund- und Steigerungsbeträge, unter Darlegung der dafür maßgeblichen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse auch in leichter Sprache“.

Festzuhalten ist:

Der Werkstattrat das Recht hat, sich von der Werkstattleitung das Arbeitsergebnis genau darstellen zu lassen, auch in leichter Sprache.
Wenn das Arbeitsergebnis so ist, dass wegen der Grundbetrags-Steigerung die Steigerungsbeträge nicht in der bisherigen Höhe gezahlt können, braucht der Werkstattrat der Kürzung der Steigerungsbeträge trotzdem nicht gleich zu zustimmen.
Vielleicht gibt es ja noch andere Möglichkeiten.
So kann der Werkstattrat vorschlagen, ob die Werkstatt nicht mit den Firmen, mit denen die Werkstatt zusammenarbeitet, in Verhandlung treten kann, dass die Preise erhöht werden.

Solche Preiserhöhungen können natürlich nicht erzwungen werden (man möchte seine Kunden ja behalten), sondern müssen einvernehmlich verhandelt werden.

Aber bei diesen Verhandlungen kann ja dann auch auf die Erhöhung der Berufsausbildungsbeihilfe und der Erhöhung des daran gekoppelten Grundbetrages im Arbeitsbereich der Werkstatt verwiesen werden.

Außerdem könnte man überlegen, wie man noch an lukrative Arbeiten herankommen könnte, welche von den Werkstattbeschäftigten der eigenen Werkstatt zu bewältigen sind. Oder gibt es vielleicht noch Ideen für attraktive Eigenproduktionen?

In der Werkstättenverordnung (WVO) steht geschrieben, dass das Arbeitsergebnis der Werkstatt mindestens zu 70% als Arbeitsentgelt ausgezahlt werden muss.
Das bedeutet, dass die Werkstattleitung mehr auszahlen kann.

Eine Idee: bis zum Ende des Jahres nichts an den Steigerungsbeträgen verändern. In der Zwischenzeit kann die Werkstattleitung intensiv mit den Kunden nachverhandeln, oder all die verschiedenen Ideen versuchen umzusetzen, um den Steigerungsbetrag halten zu können.
Danach ist immer noch Zeit, die Steigerungsbeträge zum 01.01.2020 anzupassen.

Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Es muss nicht immer gleich an die Steigerungsbeträge herangegangen werden, wenn wieder einmal der Grundbetrag erhöht wird.

Kämpft für das Geld der Werkstattbeschäftigten, die ihr vertretet.

Wir kämpfen dafür, dass nicht nur das Ausbildungsgeld, sondern auch der Grundbetrag im Arbeitsbereich der Werkstatt, aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.

Eure LAG WR NRW

Der Text ist von Ute Wegner – Vorsitzende der LAG Werkstatträte NRW.

Mittagessen in der Werkstatt

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.

Ich bin jetzt seit vielen Jahren in der Werkstatt für behinderte Menschen beschäftigt. Erst im Berufsbildungsbereich und jetzt im Arbeitsbereich. Und immer gab es das Mittagessen in der Werkstatt einfach so dazu. Okay, seit ich die Erwerbsminderungsrente bekomme, muss ich das Essen selbst bezahlen; 2,50 Euro für jedes Essen. Das wurde direkt vom Lohn, oder wie es richtig heißt, vom Entgelt abgezogen. Aber auch nur für die Tage, an denen ich in der Werkstatt war. Aber seit Januar 2020 ist das alles anders. Oder vielleicht doch nicht?

Also die Teilnehmer im Berufsbildungsbereich bekommen das Mittagessen immer noch kostenlos. Und die Erwerbsminderungsrentner, die ihr Essen vorher bezahlen mussten, müssen es jetzt auch bezahlen. Ist halt nur teurer geworden. Kostet jetzt 3,40 Euro. Und ich musste jetzt einen Vertrag mit der Werkstatt abschließen, dass das Essen von meinem Lohn abgezogen werden darf. Jetzt wird ein fester Betrag abgezogen, eine sogenannte Pauschale. Und irgendwie ist da der Urlaub schon abgezogen, so dass ich auch Geld abgezogen bekommen, wenn ich im Urlaub bin. Das finde ich schon etwas schwierig zu verstehen. Das alte Verfahren fand ich einfacher.

Ach ja, und wenn ich krank sein sollte, bekomme ich die Tage, an denen ich nicht in der Werkstatt war, erstattet. Wie ich schon gesagt habe, es ist kompliziert. Und über unseren Werkstattrat habe ich gehört, dass jede Werkstatt das anders regelt. Also das, was ich hier erzählt habe, kann bei dir schon wieder ganz anders sein.

Wenn ich mir dann noch meine Kolleginnen und Kollegen anschaue, die noch Grundsicherung bekommen, na dann prost Mahlzeit. Die müssen auch einen Vertrag mit unserer Werkstatt abschließen. Das Geld fürs Essen wird auch vom Lohn abgezogen. Aber das Geld bekommen sie vom Sozialamt wieder, wenn sie einen Antrag auf Mehrbedarf stellen. Und auch hier ist der Urlaub schon mit eingerechnet, es gibt aber kein Geld zurück, wenn man krank ist. Irgendwie auch komisch, oder?

Und dann gibt es ja noch die Kolleginnen und Kollegen, die so wie ich eine Erwerbsminderungsrente bekommen, aber bisher trotzdem das Mittagessen nicht bezahlen mussten. Die sollten auf jeden Fall auch den Mehrbedarf beim Sozialamt beantragen. Aber da habe ich gehört, sind die Sozialämter wieder überfordert, weil die auch nicht genau wissen wie es laufen soll. Aber erstmal einen Antrag stellen um die Ansprüche zu sichern, ganz wichtig!

Ganz blöd ist das in unserer Werkstatt für die Kolleginnen und Kollegen auf ausgelagerten Arbeitsplätzen. Die nehmen ja nicht an der sogenannten Gemeinschaftsverpflegung in der Werkstatt teil. Deshalb haben sie auch keinen Anspruch auf den Mehrbedarf. Früher hat die Werkstatt ihnen das Essensgeld ausgezahlt, damit sie sich selbst auf ihrem Außenarbeitsplatz versorgen konnten. Jetzt gibt es nichts mehr, Pech gehabt.

Aber auch in solchen Fällen sollen andere Werkstätten das ganz anders regeln. In einem Fall sollen die Beschäftigten auf ausgelagerten Arbeitsplätzen 50 Euro mehr Lohn bekommen. Noch eine andere Werkstatt soll mit den Sozialämtern verhandeln, damit die auch auf ausgelagerten Arbeitsplätzen den Mehrbedarf anerkennen. Das finde ich eine gute Idee. Ich glaube, dass schlage ich unserem Werkstattrat auch vor, damit die mal mit der Geschäftsführung darüber reden. Vielleicht kann unser Geschäftsführer ja bei den Sozialämtern was erreichen.

In diesem Sinne, lasst es euch gut schmecken!

Der Text ist von Tanja Lohmeier – Delegierte der LAG Werkstatträte NRW.